Tim Albrecht

Die 15-Minuten-Stadt

Fußverkehr
Radverkehr

Ein Smart City Konzept

Der nächste Supermarkt ist direkt um die Ecke. Parks, Drogerien und Restaurants sind fußläufig entfernt. Das Konzept der 15-Minuten-Stadt beschreibt die Idee, dass alle wichtigen Stationen des Alltags, also Geschäfte, Arztpraxen, Schulen und Kindergärten, der Arbeitsplatz, Cafés und Restaurants oder der nächste Park nur 15 Minuten zu Fuß, mit dem Rad oder dem ÖPNV von der eigenen Haustür entfernt sind.

Entwickelt wurde das Konzept von Carlos Moreno. Der Professor für komplexe Systeme und intelligente Städte an der Pariser Sorbonne-Universität möchte damit den Alltag der Menschen vereinfachen, Wege kürzer machen und die Umwelt schützen. Die Idee ist allerdings nicht neu. Vor der Erfindung des Autos war es selbstverständlich, dass alle Wege in den Städten zu Fuß zurückgelegt wurden. Die meisten mittelalterlichen Städte waren nur so groß, dass man sie in maximal 30 Minuten zu Fuß durchqueren konnte. In der Moderne wuchsen die Städte zwar, sie blieben aber zunächst fußverkehrsfreundlich. Die Kreuzberger Mischung beschreibt eine städtebauliche Art der Bebauung aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, in der Gewerbe- und Wohnflächen im selben Gebäudekomplex integriert wurden. Während im Vorderhaus und Seitenflügel traditionell die Wohnräume untergebracht waren, wurden Hinterhaus und Hof für Gewerbe genutzt. Mit der rasanten Urbanisierung im 20. Jahrhundert veränderte sich die Planung drastisch. Das Ziel der „autogerechten Stadt“ rückte in den Mittelpunkt und Wohnen, Arbeiten und Versorgung wurden räumlich voneinander getrennt. Die Wege dazwischen wurden immer weiter und waren ohne Auto kaum mehr zu bewältigen. Wie problematisch das ist, zeigte spätestens die Corona-Pandemie. Lockdowns und Ausgangssperren führten dazu, dass viele Menschen nur noch kürzere Strecken zurücklegten und mehr Zeit in ihrer Nachbarschaft verbrachten. Dadurch wurde deutlich, dass es in vielen Stadtteilen sowohl an grundlegenden Dienstleistungsangeboten wie Arztpraxen oder Drogerien als auch an Orten mangelt, an denen sich Menschen in ihrer Freizeit gern aufhalten. Es fehlt also an vielem, was die Lebensqualität in den Stadtteilen maßgeblich erhöhen würde.

Eine gute Infrastruktur mit vielfältigem Angebot sollte nicht allein den Innenstädten vorbehalten sein. Dafür muss nichts abgerissen und neugebaut werden, die vorhandene Infrastruktur muss nur umgenutzt werden. Besonders in Paris wird an der Umsetzung der 15-Minuten-Stadt gearbeitet. Schulhöfe werden zu Parks umgestaltet, damit sie nach Schulschluss und an den Wochenenden als Erholungsorte in der Nachbarschaft dienen. Die Hälfte aller Parkplätze soll künftig für Begegnungsflächen und Radwege genutzt werden. Bis 2030 will Paris fahrradfreundlich sein. Was in Paris funktioniert, können auch andere Städte umsetzen. Der Arbeitsplatz könnte zum Beispiel durch Co-Working-Spaces und Satellitenbüros näher an den Wohnort rücken – im Home-Office fällt er gar mit ihm zusammen. Parkplätze oder Straßen könnten zumindest teilweise zu Parks, Spielplätzen und Stadtgärten umfunktioniert werden. Da Autos sehr viel Platz benötigen, auch wenn sie durchschnittlich 23 Stunden am Tag ungenutzt herumstehen, stünde so auch mehr Platz für Wohnraum zur Verfügung.

Laut Carlos Moreno ist das 15-Minuten-Konzept ein humanistisches Konzept, um gegen die derzeitige Segregation und Gentrifizierung zu kämpfen, während es gleichzeitig auch die Klimaresilienz von Städten fördert. Aber seht selbst, was Carlos Moreno zu seinem Konzept zu sagen hat. Auf YouTube findet ihr dazu ein passendes TED-Talk-Video.

Tim Albrecht

 

 

 

 

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