Weniger Lärm, mehr Lebensqualität

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Sicherheit

Wege und Ideen zur Lärmbekämpfung durch Verkehr

Lärm und Geräusche in Städten sind Themen, mit denen wir uns wenig beschäftigen. Erst wenn es zu laut wird, wird uns eigentlich bewusst, wie negativ eine laute Geräuschkulisse unseren Alltag beeinflussen kann. Nach der StVO kann eine Geschwindigkeitsbeschränkung zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm erlassen werden. Verkehrslärm ist ein Problem, von dem fast jede*r betroffen ist – doch vielen ist die Gefahr gar nicht bewusst, dass eine konstante Lärmbeschallung auch ein hohes Gesundheitsrisiko birgt.

Von Lena Wiewel

 

Der Anfang

2021 gründete sich ein Zusammenschluss aus Verkehrs- und Quartiersinitiativen sowie interessierten Einzelpersonen unter „Verkehrswende Paderborn“. Ein wichtiger Punkt, mit dem sich die Beteiligten von Beginn an beschäftigten, ist der Lärmschutz. Im ersten Schritt wurden der Lärmaktionsplan und die Lärmkarte der Stadt angeschaut. Dabei wurde schnell festgestellt, dass die letzte Karte aus dem Jahr 2011 mittlerweile stark veraltet ist. Kurzerhand organisierte Bernd Küffner, Geschäftsführer des VCD Ostwestfalen-Lippe, ein Lärmmessgerät aus Bielefeld und führte an der Elsener Straße in Paderborn eine Lärmmessung durch.

Erste Messungen und Erkenntnisse

Diese eigenen Messungen im Oktober 2021 (siehe Video) zeigten dann, dass der Durchschnittswert über dem erlaubten Höchstmaß und vor allem auch über den Angaben des Lärmplans liegt. Die Messung diente vor allem der Veranschaulichung – entscheidend wurden die folgenden Berechnungen und einzelnen Lärmgutachten.

Nachdem festgestellt werden konnte, dass die Messungen den vorgegebenen Durchschnittswert überschreiten, hat eine betroffene Anwohnerin einen Antrag nach §45 der Straßenverkehrsordnung gestellt (Musterantrag). So einen Antrag kann jede*r Anwohner*in einer betroffenen Straße stellen. Dieser Prozess kann einige Zeit in Anspruch nehmen, was einen aber nicht entmutigen sollte – jeder eingereichte Antrag zeigt die Dringlichkeit der Sache auf.

Der Antrag für die Elsener Straße wurde abgelehnt, da es nach Einschätzung der Stadt nicht zu relevanten Überschreiten gekommen sei, woraufhin eine Anwohnerin Klage einreichte. Diese wird noch verhandelt (Stand Dezember 2022), aber nach ständiger Rechtsprechung sind die Aussichten gut. Viele Städte argumentieren leider mit überholten Rechtsmeinung, weswegen es oft beständige Nachfrage und Durchhaltevermögen erfordert. Bei Fragen oder Beratungsbedarf kann man sich immer an lokale VCD-Gruppen wenden. Auf dieser interaktiven Karte findet ihr schnell alle VCD-Ortsgruppen in eurer Nähe.

Presseaktion und die verpasste Aktualisierung der Lärmkarten

Die neuen Lärmkarten hätten bis zum 30. Juni 2022 gemäß § 47c Bundes-Immissionsschutzgesetz vorliegen müssen – was nicht passierte (viele Städte aktualisieren ihre Lärmkarten jedoch aufgrund der Umstellung des neu umzusetzenden Berechnungsverfahrens erst Anfang 2023). Das nahm der Zusammenschluss „Verkehrswende Paderborn“ zum Anlass, ein weiteres Mal auf die Notwendigkeit von Tempo 30 hinzuweisen. Am Stichtag gab es eine öffentlichkeitswirksame Aktion an einer stark befahrenen Kreuzung in Paderborn, bei der 70 Dezibel und mehr gemessen wurden  – ein Wert, bei dem es längst zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommen kann.

VCD-Bundesvorsitzende Kerstin Haarmann, Jan Zauner (Fridays for Future) sowie Marcus Zauner und Stefan Wisbereit (Parents for Future) bei der Aktion vor Ort. Foto: Oliver Schwabe

Gesundheitsgefährdung

Bei dauerhaften Geräuschbelastungen um die 60 dB(A) tagsüber erhöht sich beispielsweise das Risiko für Beschwerden wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Bereits bei 40/50 dB(A) kommt es zu Belästigung und Störung, was, vor allem nachts, bei vielen Menschen zu Schlafstörungen führt, was wiederum weitere gesundheitliche Probleme hervorrufen kann. Verkehrslärm kann darüber hinaus, vor allem bei dauerhafter Beschallung, zu Konzentrationsstörungen, Nervosität und Kopfschmerzen führen. Viele „fliehen“ daher ins Umland, da die Lebensqualität in Städten immer weiter sinkt. Weiterführende Informationen zu Gesundheitsrisiken und anderen wichtigen Punkten können in der Broschüre des Arbeitsring Lärm (ALD) der Deutschen Gesellschaft für Akustik e.V. (DEGA) nachgelesen werden, die unten verlinkt ist.

Ausblick

Weitere Anwohner*innen anderer Straßen in Paderborn haben ebenfalls Anträge gestellt, die sich derzeit noch in Bearbeitung befinden – weitere sind geplant. Tempo 30 wird als Regelgeschwindigkeit innerorts vom VCD und vielen Organisationen (z. B. Deutscher Städtetag) unterstützt. Der Schalldruck würde dadurch gegenüber Tempo 50 halbiert werden und der Geräuschpegel deutlich sinken. Um die Lebensqualität in unseren Städten zu erhalten, beziehungsweise wieder zu erhöhen, ist es essentiell, dass wir auch das Thema Lärm und urbane Geräuschkulissen anschauen und uns darüber austauschen, wie es unseren Alltag beeinflusst.

 

Weiterführende Informationen:

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